HAU 1: 12. – 13. April, 19:30 Uhr (Festivaleröffnung)
»Máquina de Desgastar Gente«
(Menschenzermürbende Maschine)
ATELIÊ DE COREÓGRAFOS BRASILEIROS, SÃO PAULO / SALVADOR
Europäische Erstaufführung
Publikumsgespräch: 13. April, im
Anschluss an die Vorstellung
Das Bild vom Schwarzen in der brasilianischen Gesellschaft – und
dessen Erforschung – ist Thema von »Máquina
de Desgastar Gente«, dem von Luiz de Abreu konzipierten
Stück für das »5. Ateliê de Coreógrafos
Brasileiros«. Das Stück geht über Tanz hinaus,
seine Montage bindet Musik und Theater ein, um Alltagseindrücke,
persönliche Erinnerungen und die Geschichte von Vorfahren der Ensemblemitglieder
zu erzählen. Mit diesem Stück erweitert Luiz de Abreu, Autor und
Regisseur des polemischen
Stücks »Samba do Crioulo Doido«, mit dem move berlim 2005
eröffnet
wurde, die Diskussion über die historische Rolle des Schwarzen im brasilianischen
Alltag.
Das geschieht auf eindringliche Art, teilweise humorvoll, aber
immer dezidiert politisch, wobei Abreu auf plastische, sonore und theatralische
Elemente rekurriert, um
den Beitrag der Schwarzen zur »cultura mestiça« wieder sichtbar
zu machen. Nicht umsonst arbeitet Abreu mit Nationalsymbolen – offiziellen
und nicht offiziellen. Sie sind aber leicht als Insignien der brasilianischen
Kultur zu identifizieren. Volkstänze,
die Kleidung der Küstenbewohner, die Häuserfluchten der historischen
Stadtviertel, die Trommelklänge sind als Elemente in »Máquina
de Desgastar Gente« enthalten.
Konzept, Regie, Choreografie: Luiz de Abreu | Tanz: Augusto Santana, Diogo
Lopes Filho, Fafá Carvalho, Henrique Lucca, Jaqueline Elesbao, Norma Santana,
Paullo Fonseca, Saci, Wilson Tadeu | Textredaktion: Wlamyra Albuquerque | Texte:
persönliche Berichte des Ensembles | Soundtrack: Luiz de Abreu | Komposition:
Diogo Lopes Filho, Denise Rocha, Augusto Santana, Luiz de Abreu | Perkussion:
Augusto Santana und Ensemble | Bühnenbild:
J. Cunha | Kostüme: Ayrson Heráclito | Licht: Marcelo Moacyr Konzept,
Koordination, Künstlerische Leitung des Ateliê de Coreógrafos
Brasileiros: Eliana Pedroso | Produktionsleitung: Konstanze Mello | Produktion:
EP Produções Culturais
Das Projekt Ateliê de Coreógrafos Brasileiros
(Atelier der brasilianischen Choreografen) wurde von Eliana Pedroso gegründet
und wird von ihr geleitet. Hier wurde das Stück „Menschenzermürbende
Maschine” konzipiert. Das Ateliê ist eine einzigartige
Initiative, die sich der Fortbildung von Kreativen und Interpreten
widmet. Das geschieht in Salvador im Bundesland Bahia bereits seit
fünf Jahren. Journalismus-Studenten, Musiker, Professionelle
aus den Bildenden Künsten und der Mode u.a. werden eingeladen,
um im schöpferischen Prozess des Ateliers zu interagieren.
Im Durchschnitt hat dieses Projekt pro Jahr bei seinen Aufführungen
circa 10.000 Zuschauer.
Luiz de Abreu kommt nach seinem polemischen Stück „Samba des verrückten ‚Negers?“,
das die 2. Festivalauflage von move berlim 2005 eröffnete, erneut nach Berlin.
Er arbeitet sowohl als Tänzer in großen brasilianischen Compagnien – wie
1º Ato e Cisne Negro – als auch für Fernsehen und Theater.
„Menschenzermürbende Maschine” besteht aus drei Teilen: Der
erste erzählt Episoden aus der Geschichte der Mitwirkenden und Kindheitserinnerungen.
Auf der Bühne ereignet sich ein Zusammenspiel zwischen Text, Fotografie
und Bewegung, das die Kraft des Matriarchats in den Kulturen afrikanischen Ursprungs
betont. Im zweiten Teil wird mit erzählten Geschichten aus jüngster
Zeit ein Panorama von der aktuellen Situation des Schwarzen in der brasilianischen
Gesellschaft gezeichnet und es werden Fragen nach sozialen Schichten und Gender
aufgeworfen. Im dritten und letzten Abschnitt nehmen die sozialen Gegensätze
und das kulturelle Erbe einen „Körper” an und werden von der
Musik und traditionellen afrikanischen Trommelklängen begleitet.
Der Choreograf Luiz de Abreu betont den dokumentarischen Charakter von „Menschenzermürbende
Maschine“. Tatsächlich erlebte Situationen der Mitglieder des Ensembles
fließen ein. „Die Idee“, sagt er, “war nicht, das Bild
vom Schwarzen als Spektakel oder Folklore zu übermitteln”, sondern
ein absolut realistisches Bild vorzustellen. Texte und Musik, die live gespielt
wird, wurden von den Tänzern und Schauspielern entwickelt. Darüber
hinaus machten sie choreografische und theatralische Anleihen bei anderen Stücken,
an denen sie bereits als Interpreten mitgewirkt haben.
„Das Stück entstand, als die Geschichte Brasiliens historisch, politisch
und ideologisch aufgearbeitet wurde und die brasilianische „Maschine” zum
Vorschein kam, wo der Schwarze als einfaches Ersatzteilchen in diesem Räderwerk
galt”, kommentiert Luiz de Abreu. Die Aufarbeitung soll eine Veränderung
der sozialen Rollen, vor allem der des Schwarzen, zeigen.